Mittwoch, 11. Mai 2011
Lernt das Internet zu lieben anstatt euch Sorgen darüber zu machen.
Vorwort: Dies ist die Übersetzung eines Textes von Douglas Adams aus dem Jahr 1999 der mir einfach sehr, sehr wichtig erscheint.

Ich glaube nicht dass irgendjemand bestreitet dass das Internet ein wichtiger Faktor in unserem Leben geworden ist. Nichtsdestotrotz ist es für viele von uns immer noch sehr neu.
Nachrichten glauben dass man das Internet immer noch besonders erwähnen muss, zum Beispiel, dieses oder jenes Verbrechen wurde über das Internet geplant.
Niemand käme auf die Idee das ‚Telefon’ zu erwähnen durch das ein Erpresser sich meldet oder die ‚Tasse Tee’ bei der ein Einbruch geplant wurde.

Ich denke frühere Generationen haben das selbe Hick Hack mit der Erfindung von Fernsehen, Telefon, Kino, dem Auto, Fahrrad, Buchdruck, dem Rad usw durchgemacht. Trotzdem haben wir immer noch nicht verstanden wie das psychologisch abläuft, nämlich so:
1) alles was es schon gibt wenn wir geboren werden ist für uns normal;
2) alles was danach erfunden wird und zwar bevor wir 30 sind, ist unglaublich faszinierend, kreativ und mit ein wenig Glück, eine Möglichkeit Karriere zu machen;
3) alles was erfunden wird nachdem wir 30 sind widerspricht per se der natürlichen Ordnung und ist der Anfang vom Ende der Zivilisation. Na ja zumindest bis sich herausstellt das es doch ziemlich hilfreich und in Ordnung ist.
Diese Regeln lassen sich auf alles anwenden Filme, Musik, Prozessoren, Mobiltelefone. So kann man schön ausrechnen wie alt man ist.

Dieser subjektive Blick hat einige merkwürdige Auswirkungen. Zum Beispiel ist ‚Interaktivität’ so ein Wort das in Verbindung mit dem Internet Verbreitung findet. Der Grund warum wir dieses Wort brauchen ist das wir im 20en Jahrhundert, zum ersten mal überhaupt in der Menschheitsgeschichte, dominiert wurden von nicht interaktiven Formen der Unterhaltung wie Kino, Radio oder Schallplatten und Cd´s.
Bevor uns DVD´s in Ihren Bann zogen war jede Art von Unterhaltung interaktiv. Theater, Konzerte, Sport überall waren Zuschauer direkt dabei und interagierten mit dem Geschehen. Niemand brauchte ein Wort wie ‚Interaktiv’ so wie wir kein spezielles Wort für ‚Leute mit nur einem Kopf’ benötigen.

Ich glaube das es zukünftigen Geschichtslehrern schwer fallen wird die ‚normalen Medien’ des letzten Jahrhunderts zu erklären.
„Bitte noch mal, sie meinen die Leute haben einfach nur rum gesessen und geguckt, die konnten gar nicht mitmachen? Haben die sich nicht total isoliert und ausgeschlossen gefühlt?“
“Ja mein Kind, so war das vor der Restoration.”
“Was war noch mal die Restoration?“
“Das war am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, als wir anfingen die Interaktivität zurückzubekommen.“

Und so halten viele das Internet für eine neue Form von Zeitung oder Fernsehen weil wir diese Art von Veröffentlichung kennen. Und wir beschweren uns dass so viel unnützer Blödsinn online ist oder das man nicht alles glauben kann was im Netz zu lesen/sehen ist.
Stellen sie sich doch mal vor jemand würde sich beschweren das er nicht alles glauben kann was er übers Telefon hört. Natürlich kann man nicht allem trauen was man am Telefon erfährt, oder beim Friseur, oder am Stammtisch.
Auszusortieren wem oder was man trauen kann ist eins der wichtigsten Dinge zu denen uns das menschliche Gehirn befähigt. Leider schalten wir diese natürliche Skepsis aus wenn wir Informationen aus einem Medium konsumieren dessen Herstellung viel Arbeit und Ressourcen kostet und dem man nicht direkt widersprechen kann. Also Fernsehen, Zeitungen oder auch die beschriftete Granittür eines Tempels. Daher auch der Spruch ‚In Stein gehauen’.
Was uns Sorgen bereiten sollte ist also nicht, das man nicht alles glauben kann im Internet –natürlich kann man nicht, es sind nur Menschen die miteinander reden- sondern wie konnte es passieren das wir alles glauben was in TV oder Zeitung verbreitet wird.
Ehrlich, jeder der einen Journalisten kennenlernt wird das sicher nicht mehr tun.
Das erste was man also über das Internet lernen sollte ist das es nicht die Macher gibt, sondern nur eine unüberschaubar große Menge an Nutzern.

Natürlich gibt es eine Menge Probleme mit dem Internet. Zum einen, das noch längst nicht jeder freien Zugang dazu hat. Auch gibt es die Meinung das Internet mache eine unüberbrückbare Trennung zwischen Arm und Reich.
Denn -Computer sind immer teuer,
-es braucht teures Zubehör wie Modem usw ,
-es braucht Software die immer aktuell sein muss.
Eine beeindruckende Liste die aber einer genauen Prüfung nicht standhält. Die Preise für Computer fallen beständig, alles was zum Surfen benötigt wird ist bei aktuellen PC´s eingebaut und Internet-Software ist meist kostenlos. Das wirtschaftliche Interesse das eine Person über das Internet erreichbar ist wird dafür sorgen das der Zugang immer billiger wird. Bis auch der letzte Mensch auf dem Planeten `drin ist´.

Ein Problem ist auch, dass Internet immer noch als 'Technologie' gilt. Technologie ist, wie der Computerspezialist Bran Ferren so treffend formulierte, alles was noch nicht richtig funktioniert.
Niemand würde einen Stuhl Technologie nennen es ist einfach ein Stuhl. Das sah ganz anders aus als noch niemand wusste wie man einen Stuhl baut, wie viel Beine er am besten hat und wie man darauf sitzt ohne umzufallen.
Nicht mehr lang und Computer werden so belanglos sein wie Stühle und wir werden sie nicht mehr bewusst wahrnehmen. Schon jetzt fragen sich doch viele von uns wie sie ohne Computer ihre Arbeit erledigen konnten.

Das größte Problem ist, wir sind immer noch die erste Generation von Usern und obwohl wir das Internet füllen und nutzen, kapiert haben wir es noch nicht.
In seinem Buch „Der Sprachinstinkt“ erklärt Stephen Pinker von der Harvard University den Generationsunterschied zwischen Pidgen- und Muttersprache. Eine Pidgen-Sprache entsteht wenn Menschen kommunizieren die die Sprache des anderen nicht verstehen. Sie versuchen sich auf ein einfaches schnell zu erlernendes Grundvokabular zu einigen das Wörter aus allen beteiligten Muttersprachen enthält aber keine grammatikalische Struktur.
Die nächste Generation, die in einem solchem Umfeld aufwächst, benutzt diese Sprachfragmente und formt daraus eine neue Muttersprache mit einer reichhaltigen organischen Grammatik und einem ständig wachsenden Vokabular. Die Fähigkeit zu strukturieren ist im Gehirn vorprogrammiert und wird von Kindern auf alles angewandt was sie vorfinden.

Genau dasselbe passiert mit Kommunikationstechnologie. Während wir versuchen ihre Möglichkeiten für unsere Lebens- und Arbeitsweise zu verwenden und doch nicht wirklich wissen wie E-Mail funktioniert oder fluchen über Fehlermeldung und nicht versandte SMS, werden unsere Kinder völlig anders damit umgehen.
Risto Linturi, Analyst für die Helsinki-Telephone-Corporation, beschrieb im Wired-Magazin das außergewöhnliche Verhalten von Kindern und Jugendlichen in Helsinki, alle bewaffnet mit Internetfähigen Handy´s. Sie tauschen keine wichtigen Börsen- oder Geschäftsinformationen. Sie plappern, bleiben in Verbindung. Er sagt: „Wir sind Herdentiere. Diese Kinder stehen immer in Verbindung mit ihrer Herde, wissen immer wo sie ist und in welche Richtung sie sich bewegt.“
Die überwiegend Drahtlose Kommunikation, glaubt Linturi, wird uns zurück zu einem Verhalten bringen das für uns natürlicher ist als das Verhalten dass uns durch die Einschränkungen der Technologie aufgezwungen wurde.

Wir sind eigentlich alle Dorfmenschen. Den größten Teil der Menschheitsgeschichte lebten wir in kleinen Gemeinschaften wo jeder jeden kannte und jeder kannte uns.
Doch jetzt gibt es viel zu viele von uns und unsere Communities sind zu groß, zu verschieden um sich immer als ein Teil davon zu fühlen. Die vorhandenen Technologien war nicht in der Lage uns adäquat zu verbinden.

Aber wir alle sind Zeuge wie sich das ändert.

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